Menschenrechte: Lesung und Diskussion am 6.9.17

Am weltweiten Aktionstag für die Einhaltung der Menschenrechte laden Daniel Buchholz und der Fachausschuss Internationales der Berliner SPD zu einer Lesung mit anschließender Diskussion ein. Kriege, Gewalt gegen Andersdenkende, Nationalismus, Gängelung der Justiz, Protektionismus: Schrecklich neue Zeiten, wenn selbst demokratisch gewählte Präsidenten die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948 in Frage stellen!? Am Mittwoch 6. September 2017 kann darüber bei freiem Eintritt diskutiert werden.

Das internationale literaturfestival berlin (ilb) ruft für den 6. September 2017 zu einem weltweiten Aktionstag für Menschenrechte auf. Die 30 Artikel der Menschenrechtscharta sollen überall in der Welt zu etwa derselben Zeit gelesen werden, um sie trotz vieler Gegentendenzen gegenwärtig zu halten und zu stärken. Der SPD-Abgeordnete Daniel Buchholz und der Fachausschuss „Internationale Politik, Frieden und Entwicklung“ der Berliner SPD laden darum gemeinsam zu einer Lesung mit anschließender Diskussion am Mittwoch 6. September 2017 um 18.30 Uhr ein: „Wie steht es um die Menschenrechte im Jahr 2017?“

Wir leben plötzlich in einer Zeit, in der Selbstverständlichkeiten demokratischer Gesellschaften in großer Geschwindigkeit abgeschafft oder relativiert werden – so der Respekt gegenüber dem Justizwesen, wie es u.a. in der Türkei, Polen und sogar den USA zu beobachten ist. Selbst die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948, die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 und schließlich die Zugehörigkeit europäischer Staaten zur Europäischen Union werden in Frage gestellt. Zudem werden selbst die evidentesten Tatsachen wie der Klimawandel als „Fake News“ bezeichnet und umgekehrt bestimmen wirkliche Falschnachrichten den Diskurs in den Medien mit.

Nationalistische Strömungen und rechts- wie linkspopulistische Parteien mit ihren Führern gewinnen weltweit zunehmend an Bedeutung und stellen Premierminister und Präsidenten.
Mit einem weltweiten Aktionstag soll darum an den Geist der Versammlung der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1948 erinnert werden. Der Wortlaut der Erklärung der Menschenrechte findet sich in über 500 (!) Sprachen auf der Website der UNO hier:
http://www.ohchr.org/EN/UDHR/Pages/Language.aspx?LangID=ger

Der Eintritt ist frei, es ist keine Anmeldung erforderlich.

Menschenrechte 2017: Lesung und Diskussion
Mittwoch 6. September 2017, 18.30 Uhr
Bürgerbüro Daniel Buchholz SPD, Quellweg 10, 13629 Berlin
U7-Bahnhof Siemensdamm

 

Hintergrundinformationen

Am 10. Dezember 1948 verabschiedete die UNO-Generalversammlung in der Resolution 217 A (III) die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte – nicht als unmittelbar bindendes Völkerrecht, sondern als Selbstverpflichtung der unterzeichnenden Staaten auf eine wertebasierte Neuordnung des Zusammenlebens der Menschen auf der Erde nach den Menschheitsverbrechen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Seit den Zeiten des Kalten Krieges hat sich in unserem Bewusstsein das Bild des Gegensatzes zwischen der auf diese Menschenrechtscharta verpflichteten Gemeinschaft der westlichen Demokratien und diese Menschenrechte systematisch missachtenden und verletzenden „Feinden der offenen Gesellschaft“ in der übrigen Welt festgesetzt. Zu ihnen gehören seit Ende des Zweiten Weltkriegs das inzwischen weitgehend zusammengebrochene kommunistische Weltsystem und seit der Wende von 1989 vor allem Russland, die Volksrepublik China, die iranische Theokratie und stellvertretend für den gesamten auch nach dem „Arabischen Frühling“ weiterhin mit Demokratie- und Menschenrechtsfeindlichkeit assoziierten arabisch-islamischen Nahen und Mittleren Osten Saudi-Arabien. Gemeinsam ist den Regimen dieser Länder die Kriminalisierung Andersdenkender und die systematische Unterdrückung der Meinungs- und Pressefreiheit und der anderen bürgerlich-politischen Rechte als Mittel der Machtsicherung, mitunter auch der systematische Einsatz der Todesstrafe für diesen Zweck, in den islamistischen Regimen zusätzlich die systematische Missachtung von Frauenrechten.

Dieses Schwarz-Weiß-Bild, das schon durch westliche Kriegsverbrechen in Vietnam und bei den verschiedenen Militärinterventionen im Nahen Osten und Afghanistan in Frage gestellt wurde, hat allerdings in den letzten Jahren und Monaten noch deutlichere Risse bekommen: Der amerikanische Präsident stellt Grundlagen des demokratischen Systems wie die Gewaltenteilung und die Unabhängigkeit der Justiz in Frage und verletzt mit seinen Hassbotschaften gegen Moslems und politische Gegner systematisch den Grundwert der Menschenwürde.

Nationalistische Strömungen, rechts- wie linkspopulistische Parteien und autoritäre Führer nicht nur in der von ihren vergeblichen Bemühungen um Aufnahme in die EU enttäuschten Türkei und in den noch nicht gefestigten neuen EU-Mitgliedern im Osten Europas, sondern auch in den Kernstaaten der EU gefährden das Projekt der EU als Friedens-, Demokratie- und Wohlstandszone mit globaler Ausstrahlung.

Auch Deutschlands Umgang mit den Menschenrechten ist – entgegen dem weitverbreiteten Bild des demokratischen Musterschülers – nicht ohne Tadel. Der Versuch von Erika Steinbach als Vorsitzender des zuständigen Bundestagsausschusses und ihrer konservativen Mitstreiter, das Deutsche Institut für Menschenrechte darauf zu verpflichten, in Menschenrechtsfragen nur mit dem  Finger auf andere zu zeigen und sich nicht mit Menschenrechtsproblemen in Deutschland zu beschäftigen, schlägt inzwischen beim Umgang mit Flüchtlingen, Heimpflegebedürftigen und Behinderten im Bildungswesen auf uns zurück.