Gesetz wirkt: 80% der Spielhallen müssen schließen!

Berlin ist sehr erfolgreich im Kampf gegen die Spielhallen-Flut. Auf Initiative der SPD-Fraktion hat Berlin das strengste Spielhallengesetz Deutschlands. Und das Gesetz wirkt! Von den ursprünglich fast 600 Spielhallen werden in Kürze nur rund 120 übrig bleiben.

Der SPD-Abgeordnete und Stadtentwicklungsexperte Daniel Buchholz hat das Berliner Spielhallengesetz maßgeblich voran gebracht: „Endlich, die meisten Spielhallen in Berlin müssen schließen! Spielsucht zerstört Menschen und Kieze. Mit dem strengsten Spielhallengesetz Deutschlands konnten wir die Flut neuer Spielhallen bereits erfolgreich stoppen. Die Zahl der Spielhallen in Berlin geht stärker zurück als jemals erwartet.

Von den 584 Spielhallen im Jahr 2011 werden in Kürze voraussichtlich nur 120 übrig bleiben! Das ist ein Rückgang um rund 80 Prozent oder anders gesagt: Nur jede fünfte der im Jahr 2011 vorhandenen Spielhallen darf weiterhin die Türen öffnen. Das ist eine sensationelle Nachricht für die Berliner Kieze und hilft uns im Kampf gegen die Spielsucht!“

„Abendschau“ mit Live-Studiogast Daniel Buchholz vom 1.8.16

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Buchholz weiter: „Das strenge Berliner Gesetz wurde bereits mehrfach von den Gerichten bis hin zum Bundesverfassungsgericht bestätigt. Seit Juni 2011 setzt es neuen Hallen sehr enge Grenzen: Nur noch eine Spielhalle pro Gebäude, Mindestabstand von 500 Metern zur nächsten Halle, 200 Meter Abstand zu Oberschulen, verbindliche Schließzeiten von 3-11 Uhr morgens, pro Halle maximal 8 Spielautomaten (früher 12), keine kostenlose Abgabe von Speisen und Getränken, keine auffällige Reklame und höhere Anforderungen an Betreiber und Personal.

Inzwischen sind alle ‚alten‘ Genehmigungen für be­stehende Hallen erloschen, es gilt ausschließlich neues Recht. Darum muss die Mehrzahl der bestehenden Spielhallen dichtmachen. Mehrfachkomplexe und von Spielhallen geprägte Straßenzüge verschwinden aus dem Stadtbild. Das Überangebot wird auf ein Normalmaß reduziert. Berlin ist wieder ein Stück lebenswerter.

Rechtssichere Auswahl: Welche Spielhallen müssen dichtmachen?

Zur rechtssicheren Auswahl der verbleibenden Spielhallen haben wir im Berliner Abgeordnetenhaus im März 2016 detaillierte Regelungen im sog. Mindestabstandsumsetzungsgesetz beschlossen. Es definiert ein mehrstufiges, an Qualitätskriterien orientiertes Auswahlverfahren. Neben Zuverlässigkeit, Sachkundenachweis und Sozialkonzept sind harte Abstandskriterien festgeschrieben: Nur noch eine Spielhalle pro Gebäude, Mindestabstand von 500 Metern zur nächsten Halle und 200 Metern zu Oberschulen.

Die Entscheidung zwischen konkurrierenden Bestandsunternehmen erfolgte mit Hilfe eines computergestützten geo-mathematischen Verfahrens der Humboldt-Universität mit Daten des Statistischen Landesamts. Bei gleichwertigen Kombinationen entschied in einigen Bezirken als letzte Stufe das Los.

Anfangs wurde Berlin für sein zeitlich aufwändiges und an Qualitätskriterien orientiertes Auswahlverfahren noch belächelt. Heute zeigt sich, dass dieser steinige Weg genau der richtige war, einschließlich der Losverfahren als letzter Entscheidungsstufe. Häufigster Schließungsgrund mit 144 Versagungen war die fehlende Zuverlässigkeit der Betreiber, der Nachweis erfolgte anhand von Führungszeugnissen, Gewerbezentralregister, Insolvenzregister, Unbedenklichkeitsbescheinigung und Vergnügungssteuer der Finanzbehörden, Sachkundenachweisen und Sozialkonzepten. Zu 100 Versagungen kam es wegen eines zu geringeren Abstands zur nächsten Spielhalle (weniger als 500 Meter).

Obwohl die allermeisten Spielhallenbetreiber den Schließungsverfügungen widersprechen, urteilen die Gerichte eindeutig: Von bisher 146 abgeschlossenen Rechtsschutzverfahren haben die Verwaltungen 145 gewonnen (Stand Juni 2020)! Ich habe mich von Beginn an für ein strenges und damit in der Praxis wirksames Berliner Spielhallengesetz stark gemacht. Umso mehr freut es mich, dass die vor fast zehn Jahren mit einem völlig neuen Gesetz gestarteten und anfangs heftig diskutieren Aktivitäten nun zu einem erfolgreichen Abschluss kommen.

Der Auswahlprozess ist in einigen Bezirken bereits abgeschlossen, die weiteren folgen bis Ende 2020 bzw. Anfang 2021. Es ist daher absehbar, wie viele Bestandsspielhallen in den einzelnen Bezirken voraussichtlich offen bleiben werden (vom Berliner Senat im Juni 2020 veröffentlichte aktuelle Prognose):

Der stärkste Rückgang ist im Bezirk Mitte mit 84 % abzusehen, d.h. nur jede sechste Bestandsspielhalle wird dort geöffnet bleiben. Im Mittelfeld liegen Charlottenburg-Wilmersdorf mit 79% und Spandau mit 76% weniger Hallen. Den geringsten Rückgang verzeichnet Lichtenberg mit 27%.

Übrigens: Jeden Tag haben die Berliner im Jahr 2019 noch fast 600.000 Euro in den Spielautomaten der Stadt versenkt. Eine Horrorzahl, damit ist jetzt endlich Schluss! Sehr erfreulich ist auch der starke Rückgang von Spielautomaten in Café-Casinos, Imbissen und Kneipen um mehr als 1.700 im Jahr 2019. Die von Kritikern oftmals beschworenen Ausweichbewegungen sind demnach ausgeblieben. Auch die vielen Schwerpunktkontrollen und Razzien von LKA, Polizei, Finanz- und Ordnungsämtern haben hier Wirkung gezeigt.

Razzien gegen Kriminelle, Hilfe für Spielsüchtige

In Berlin haben mehr als 50.000 Menschen ein problematisches Spielverhalten, davon ist rund die Hälfte krankhaft spielsüchtig. Junge Männer, Menschen mit Migrationshintergrund und Arbeitslose haben ein deutlich erhöhtes Risiko für problematisches Glücksspiel. Die Hoffnung auf den großen Gewinn verleitet viele, unkontrolliert zu spielen und finanzielle Risiken zu unterschätzen. Den diversen Formen der Spielsucht (Zocken am Geldspielgerät, Sportwetten, Online-Poker) wird in Berlin mit verstärkter Prävention begegnet.

Darum haben wir die Prävention, Hilfsangebote und Beratung in Berlin deutlich ausgeweitet. Im Juni 2014 startete das Modellprojekt GAMEr OVER in den Bezirken Mitte und Spandau. Dabei wird in Schulen und Clubs über die Gefahren des (Online-) Glücksspiels informiert – in jugendgerechter Sprache und interaktiv. Für die Finanzierung dieses Modellprojekts habe ich mich persönlich stark gemacht und freue mich über die positiven Rückmeldungen.

Im Jahr 2019 haben die Berliner noch jeden Tag fast 600.000 Euro in den Spielautomaten der Stadt versenkt. Um das Automatenspiel unattraktiver zu machen, haben wir bereits Anfang 2011 die Vergnügungssteuer drastisch von 11 auf 20 Prozent angehoben. Leider hat dem kein einziger Abgeordneter der CDU oder von den Grünen zugestimmt.

Die Einhaltung der Vorschriften des Spielhallengesetzes wird in Berlin regelmäßg und konsequent kontrolliert, um kriminelle Aktivitäten aufzudecken. Bei Schwerpunkt-Razzien durchkämmen Polizei- und Finanzbeamte sowie Ordnungsämter regelmäßig Spielhallen, Wettbüros und Café-Casinos/Lokale.“

Bußgelder verzehnfacht auf 500.000 Euro

Nach mehr als vier Jahren Erfahrungen mit dem Gesetzesvollzug hatte die SPD-Fraktion auch die Initiative für eine deutliche Verschärfung des Berliner Spielhallengesetzes im Jahr 2016 ergriffen. Buchholz: „Bei den regelmäßigen Schwerpunkt-Razzien durch Polizei, Steuerfahndung und Ordnungsämter werden massenhaft Verstöße festgestellt, aber viele Betreiber zahlen die Strafen aus der Portokasse. Darauf haben wir mit einer Verzehnfachung des Bußgeldrahmens von 50.000 auf bis zu 500.000 Euro reagiert.

Spielhallen-Flyer Foto No4Berlin wird durch die Gesetzesänderung auch erstmals eine zentrale Sperrdatei erhalten. Die Umsetzung durch die Senats-Wirtschaftsverwaltung steht leider seit 2016 weiterhin aus. Damit sind wirkungsvolle Selbst- und Fremdsperren von Spielsüchtigen in ganz Berlin möglich, ein Ausweichen auf benachbarte Spielhallen wird ausgeschlossen. Weitere wichtige Gesetzesverschärfungen: Illegale Spielgeräte können jetzt dauerhaft beschlagnahmt werden, auch wenn sie Dritten gehören. Spiel-Werbung wird nicht nur im Schaufenster, sondern auch in unmittelbarer Nähe der Halle verboten. Gaststätten und Imbisse sind wie Spielhallen zu behandeln, wenn sie überwiegend dem Betrieb von Geldspielgeräten dienen.

Die Verschärfung des Spielhallengesetzes ist am 6. April 2016 in Kraft getreten und wurde mit den Stimmen von SPD, CDU und Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus beschlossen. Die Piraten votierten unterschiedlich, die Linken-Abgeordneten haben geschlossen dagegen gestimmt. Das ist umso bemerkenswerter, als ihre Kritik sich maßgeblich gegen die Bestimmungen von 2011 richtete – die sie damals gemeinsam mit der SPD ins Parlament eingebracht und beschlossen haben!“

Die wesentlichen Inhalte der Gesetzesverschärfung 2016

  1. Der Bußgeldrahmen bei Gesetzesverstößen wird von 50.000 Euro verzehnfacht auf bis zu 500.000 Euro.
  2. Es wird ein landesweites Sperrsystem für Spielsüchtige eingerichtet mit einer verpflichtenden Teilnahme für alle Spielhallen in Berlin.
  3. Illegale Spielgeräte können jetzt dauerhaft beschlagnahmt werden, auch wenn sie Dritten gehören,
  4. Automaten zur Bargeldabhebung oder Zahlungsdienste in Spielhallen werden vollständig verboten.
  5. Die Zuverlässigkeit von Betreibern ist regelmäßig von Polizei und Ordnungsämtern zu kontrollieren.
  6. Spiel-Werbung wird nicht nur im Schaufenster, sondern auch in unmittelbarer Nähe der Halle verboten.
  7. Gaststätten und Imbisse sind wie Spielhallen zu behandeln, wenn sie überwiegend dem Betrieb von Geldspielgeräten dienen.
  8. In Gaststätten und Imbissen muss die Zahl der Geldspielgeräte nach einer Übergangsfrist ab November 2019 von drei auf zwei reduziert werden.

Bericht der „Berliner Abendschau“ des rbb vom 10.02.2016

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Das seit Juni 2011 gültige Berliner Spielhallengesetz wurde durch Gerichtsurteile vom Berliner Verfassungsgerichtshof und dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg mehrfach bestätigt, darum musste 2016 bereits ein Drittel der Automaten in Spielhallen abgebaut werden. Auch das Bundesverwaltungsgericht hat im Dezember 2016 das Gesetz in vollem Umfang bestätigt. Im März 2017 erklärte das Bundesverfassungsgericht die Berliner Gesetzesregelungen ebenfalls für verfassungsgemäß.

Wettbüros sind eigentlich illegal…

Um Spielsucht und Geldwäsche einzudämmen, geht Berlin auch bei den Wettbüros konsequenter vor als andere Bundesländer. Es gab schon mehr als 400 Wettbüros in der Stadt, aktuell sind es rund 200. Strenggenommen waren sie jahrelang illegal, durften aber wegen der komplizierten Rechtslage nicht geschlossen werden. Das Abgeordnetenhaus hatte bereits im Juni 2016 eine Gesetzesverschärfung beschlossen. Im „Ausführungsgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag“ wurde geregelt, dass Wettbüros untereinander einen Mindestabstand von 500 Metern einhalten müssen und zu Oberschulen von 200 Metern. Damit gelten die für Spielhallen definierten Abstände analog für Wettbüros. Das geänderte Gesetz zu Abständen zwischen Wettbüros ist am 22. Juli 2016 in Kraft getreten. Angesichts der bundesweit unklaren Rechtslage wurde das Berliner Gesetz aber nur teilweise von den Verwaltungen vollzogen.

Mit dem neuen Berliner Ausführungsgesetz zum Glücksspiel-Staatsvertrag hat das Berliner Abgeordnetenhaus im März 2020 strenge Abstandsregeln und daraus folgend die Schließung vieler Wettbüros beschlossen. Außerdem werden die Finanzmittel für Suchtforschung und –prävention um 50% erhöht.

Zeitungsartikel zur Verschärfung des Spielhallengesetzes

Viele Zeitungen haben im Februar 2016 bereits am Tag der Pressekonferenz ausführlich über die geplanten Verschärfungen des Spielhallengesetzes berichtet. Die Artikel erreichen Sie durch anklicken der Links:

Spielotheken in Berlin – Game over am 31. Juli    (Berliner Zeitung)
Senat verschärft Berliner Spielhallengesetz drastisch    (Berliner Morgenpost)
Game over! Berlin jagt die Spielhallen zum Teufel    (Berliner Kurier)
Berliner Casinos : Große Koalition will Zockern das Spiel verderben    (Tagesspiegel)
Koalition will drei Viertel der Spielhallen dicht machen    (rbb online)
Senat macht ernst: Spielhallengesetz wird drastisch verschärft    (B.Z. Berlin)

Live-Interview Daniel Buchholz – „TV Berlin“ 12.02.2016

Teil 1 (ca. 11 Minuten):

Teil 2 (ca. 16 Minuten):

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Weitere Informationen zum Thema im Internet:

www.faules-spiel.de

Beratung und Hilfe für Spielsüchtige und ihre Angehörigen:
Café Beispiellos, Wartenburgstraße 8, 10963 Berlin, Tel. (030) 666 33 955
www.cafe-beispiellos.de