Altglas: Parlament stoppt Abzug von Hoftonnen

Ohne Vorwarnung ist Ende 2013 in den Berliner Bezirken Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf und Treptow-Köpenick mehr als jede zweite Altglas-Tonne aus den Hinterhöfen verschwunden. Nach scharfem Protest der betroffenen Mieter und aus der Politik ist der vom DSD geplante weitere Abzug der Hoftonnen in allen Bezirken gestoppt worden. Anfang 2017 sollten auch die drei Ost-Berliner Bezirke ihre bewährten Hoftonnen zurückbekommen, aber das will das DSD verhindern.

Das Duale System Deutschland (DSD) hatte den Abzug der Tonnen an den Häusern veranlasst. Wegen der vermeintlich schlechteren Qualität des in den (Hof-)Tonnen gesammelten Altglases sollten die Flaschen künftig verstärkt in Altglas-Iglus am Straßenrand geworfen werden. Diese sind jedoch häufig zu weit entfernt. Die Sammelmenge sinkt, ein gewaltiger Nachteil für die Umwelt.

Hausbesitzer, Wohnungsgesellschaften und Bezirke wurden von der Umstellung überrumpelt, darum gab es keine Informationen für die MieterInnen bevor die Tonnen vom Hof verschwanden. Eine Flut von Beschwerden erreichte Vermieter, Abfallentsorger, Bezirke und Politik. Des vielfachen und verständlichen Ärgers über den Abzug der Tonnen hat sich der SPD-Abgeordnete und Umweltexperte Daniel Buchholz intensiv angenommen.

Bereits im Dezember 2013 übte Daniel Buchholz im Fernseh-Beitrag der „Berliner Abendschau“ scharfe Kritik am Vorgehen des DSD. Es sei ein Unding, dass das bewährte Berliner Altglassystem mit seinen großen Umweltvorteilen auf diese Weise überstürzt kaputt gemacht werde.

 

Bericht der „Berliner Abendschau“ des rbb vom 03.12.2013

 

Scharfe Kritk aus dem Berliner Landesparlament

Im Abgeordnetenhaus hat Daniel Buchholz mehrere Initiativen gestartet, um die abgezogenen Tonnen zurück zu holen und das bewährte Berliner Sammelsystem in den anderen Bezirken beizubehalten.

In seiner Parlamentsrede vom 16. Januar 2014 (siehe auch Ende dieses Beitrags) unterstrich er das Eintreten der SPD-Fraktion für die Wiederaufstellung der abgezogenen Haus- und Hoftonnen für Altglas in Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf und Treptow-Köpenick sowie deren Beibehaltung im restlichen Stadtgebiet, wo das DSD ähnliche Pläne verfolgte.

Die vom DSD im Zuge der Umstellung versprochenen maximal 300 Meter Entfernung zum nächsten Altglas-Iglu stellen nicht nur für ältere Menschen eine erhebliche Hürde dar. In der Realität sind u.a. nach Berichten der Wohnungswirtschaft bis heute häufig weit mehr als 300 Meter bis zum Sammeliglu zurückzulegen. Alte Flaschen landen so oft genug in einer falschen Tonne auf dem Hof oder vermüllen den Straßenrand.

Um die bewährten Haus- und Hoftonnen zurück zu bekommen, hat Daniel Buchholz einen umfassenden Parlamentsantrag verfasst, der am 20. März 2014 einstimmig im Berliner Abgeordnetenhaus beschlossen wurde.

Beschluss des Berliner Abgeordnetenhauses: Bewährte Berliner Altglassammlung sichern: Hoftonnen stadtweit erhalten, Sammelqualität verbessern, Öffentlichkeitsarbeit verstärken. Drucksache 17/1536 vom 20. März 2014

Mit dem Antrag hat das Parlament klar Position bezogen: Die bisherige haushaltsnahe Altglassammlung mit Haus- und Hoftonnen ist beizubehalten. Die Tonnen in Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf und Treptow-Köpenick sind wieder aufzustellen. Ausreichend häufige Leerungen und Tonnen mit kleineren Einwurf-Löchern sowie Schließ-Einrichtungen  sollen die Qualität des Berliner Altglases verbessern. Der Umfang eines vom Senat beauftragten Gutachtens zur Wirksamkeit von Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung wurde wesentlich erweitert.

 

Hintergrund: Warum das DSD die Hoftonnen verschwinden ließ

Zuständig für die flächendeckende Rücknahme und Verwertung von Altglas sind die privatwirtschaftlichen Betreiber des Dualen Systems. Die Systembetreiber vertreten wie einige Vertreter der Glasindustrie die Meinung, das  in Berlin gesammelte Altglas enthalte zu viele Fremdstoffe (z.B. Keramik oder Porzellan) sowie Fehleinwürfe der falschen Glasfarbe. Das Altglas sei nur schwer verwertbar. Ursächlich dafür sei das Berliner Holsystem, das mit seinen leicht erreichbaren Tonnen auf den Höfen eine unzureichende Sortierung begünstige.

Der Lösungsvorschlag des DSD Ende 2013: nach und nach alle Vertragsgebiete in Berlin vom Hol- auf das Bringsystem umstellen. Für die BerlinerInnen hätte das bedeutet, ihr Altglas selbst zu den viele 100 Meter entfernten Sammeliglus zu bringen, eine für die Systembetreiber zeit-, personal- und kostensparende Lösung.

Weite Wege zum Altglasiglu sind gerade für ältere Menschen vielfach unzumutbar und mit höheren Kosten für uns alle verbunden: Die Zeche für eine solche Systemumstellung hätten wir als Verbraucher gezahlt. An der Ladenkasse ist der Preis für die Verpackungsentsorgung bereits mit den Gebühren für den Grünen Punkt auf den Flaschen inbegriffen. Landet das Altglas alternativ in der Restmüll- oder Wertstofftonne im Hof, wird der Mehraufwand für deren Entsorgung über die Betriebskosten umgelegt. Teuer sind auch Ausweichbewegungen zu kostenpflichtigen Glassammlungen. Doppelzahlungen sind die Folge – und Grund genug, zu diesem Vorhaben „Nein“ zu sagen und dagegen aktiv zu werden!

Fachgutachten bestätigt: Holsystem optimieren

Das vom Senat beauftragte und im Juni 2015 veröffentlichte  Gutachten der cyclos GmbH bestätigte: Mit dem nutzer- und umweltfreundlichen Berliner System mit Haus- und Hoftonnen lassen sich höhere Sammelmengen erreichen als im Bringsystem.

Die Umstellung von rund 50 Prozent der Standorte in Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf und Treptow-Köpenick von der Haus- und Hofsammlung auf Depotcontainer führte im Verlauf des Jahres 2014 zu einem massiven Rückgang der Altglas-Sammelmengen um rund 19 Prozent sowie Verlagerungen in die Wertstoff- und Restmülltonne.

Diese Altglasmengen dürfen nicht ungenutzt am Recycling vorbeigehen! Das Ziel ist die Erhöhung der Altglas-Sammelmenge und die Stärkung der Getrenntsammlung insgesamt. Das entspricht auch den Zielen für Klima- und Ressourcenschutz. Gerade Glasrecycling ist besonders wirkungsvoll.

Weiterhin bestätigte das Gutachten, dass bereits durch einfache Verbesserungsmaßnahmen im Holsystem eine annähernd ähnliche Qualität wie im Bringsystem erreichbar ist. Zu diesen Maßnahmen gehören: ausreichend häufige Tonnen-Leerung und ausreichendes Sammelvolumen pro Haushalt, Deckel mit kleinen Einwurföffnungen sowie insbesondere für große Tonnen verschließbare Deckel. Außerdem sind alle Tonnen mit Hinweisen zur Sammlung zu kennzeichnen. Diese Maßnahmen müssen zügig umgesetzt werden, das werden wir parlamentarisch intensiv begleiten.

Cyclos: Umsetzung des neuen Sammelkonzeptes für die Fraktion Glas im Vertragsgebiet BE104 Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf, Treptow-Köpenick. Endbericht vom 13.05.2015. Abgeordnetenhaus Berlin, Mitteilung zur Kenntnisnahme, Drucksache 17/2359 vom 10.6.2015

Erfolgreiche Parlamentsinitiative: Hoftonnen bleiben!

Der Aufwand hat sich gelohnt: Nach dreistündiger Anhörung im Umweltausschuss am 15. Januar 2014 sowie fünf Sitzungen des Runden Tisches mit Vertretern von DSD und BSR, aus der Senatsverwaltung und den umweltpolitischen Sprechern der Fraktionen über mehr als ein Jahr hinweg, ist der vom DSD geplante weitere Abzug der Hoftonnen in allen Berliner Bezirken gestoppt.

In den Bezirken Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf, Treptow-Köpenick sollen die Hoftonnen so schnell wie möglich zurückkehren. Spätestens zum Jahresanfang 2017 mit dem Beginn des neuen Ausschreibungszeitraums soll der alte Vertragszustand wieder hergestellt werdenen. Im April 2016 zeigte sich bei einer Anhörung im Umweltausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses jedoch, dass das DSD nicht daran denkt, den altbewährten Zustand in den drei Bezirken wieder herzustellen. Obwohl er ihn in den anderen neun Bezirken akzeptiert hat! Die SPD-Fraktion und Daniel Buchholz haben dies scharf kritisiert, ebenso die Umweltverwaltung von Senator Geisel und Staatssekretär Christian Gaebler. Alle Parlamentsfraktionen und der Senat werden sämtliche rechtlichen Möglichkeiten ergreifen, um die Haus- und Hoftonnen in allen Berliner Bezirken zurück zu bekommen!

 

Grüner Punkt und Duales System am Ende?

Ist das Recycling-System des Grünen Punkts am Ende? Wieso zahlen die Verbraucher oftmals doppelt für die Entsorgung ihres Plastikmülls? Wann kommen die Altglas-Tonnen in drei Berliner Bezirken zurück?

Daniel Buchholz, umweltpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, plädiert live im Studiogespräch bei „rbb-aktuell“ für ein Ende des bankrotten Dualen Systems (DSD). Er fordert die kommunale Hoheit für alle Abfälle der privaten Haushalte durch die BSR und ein neues Wertstoffgesetz, das ökologisch und ökonomisch endlich die richtigen Anreize schafft.

 

Parlamentsrede Daniel Buchholz 16.01.2014

Auch im Berliner Abgeordnetenhaus hat Daniel Buchholz sehr deutliche Wort zum Abzug der Altglas-Container vor den Häusern gefunden. Sie finden hier seine vollständig protokollierte Parlamentsrede vom 16. Januar 2014 mit allen Zwischenrufen:

Daniel Buchholz: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linksfraktion! Dieses Mal sind wir nicht weit auseinander. Sie können also ganz beruhigt in diese Diskussionsrunde gehen.

[Udo Wolf (LINKE): Oh Gott! Was haben wir falsch gemacht?]

Liebe Kollegin Platta! Sie haben das Problem völlig zu Recht beschrieben. Stellen Sie sich einfach mal vor, Sie wohnen im Bezirk Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf, Treptow-Köpenick,

[Uwe Doering (LINKE): Brauche ich nicht, da wohne ich bereits!]

– viele tun das ja auch in der Praxis – und laufen morgens zu Ihrem Müllsammelplatz vor dem Haus, wollen die alten Glasflaschen einwerfen. Was ist? – Die Glasflaschen sind alle weg. Und zwar ohne Ankündigung, ohne Vorlauf, und stattdessen: Unverständliche Hinweise – wenn Sie Glück haben – von Ihrem Entsorger oder der Hausverwaltung, dass Sie jetzt irgendwo zu einem Glascontainer laufen sollten.

Vizepräsidentin Anja Schillhaneck: Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Hiller?

Daniel Buchholz (SPD): Nur wenn Sie die Uhr anhalten, dann gern.

Vizepräsidentin Anja Schillhaneck: Bitte, Frau Dr. Hiller!

Daniel Buchholz (SPD): Haben Sie ein Erlebnis dieser Art gehabt?

Dr. Gabriele Hiller (LINKE): Ich bin Betroffene und hatte das Erlebnis. Das wollte ich Ihnen sagen. Und nicht die Flaschen waren weg, sondern die Container. Damit Sie eine Vorstellung haben, wie das wirklich gelaufen ist.

[Heiterkeit  – Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Vizepräsidentin Anja Schillhaneck: Jetzt versuchen Sie daraus mal bitte, eine Frage zu konstruieren! – Bitte!

Daniel Buchholz (SPD): Liebe Kollegin Hiller! – Ich bedanke mich für diesen Korrekturhinweis. Selbstverständlich sind die Glascontainer abgezogen worden und nicht die Glasflaschen. Flaschen bewegen sich ja auch im öffentlichen Raum, aber das ist ein anderes Thema. Das will ich hier nicht ausführen.

Also: Wir reden über das Altglas und dessen Sammlung in der Stadt, und es ist – jetzt zum ernsten Teil – eine Zumutung für die Bürgerinnen und Bürger in diesen drei Bezirken, nicht nur, wenn man älter ist und schon ein Problem hat, den Müll mehr als zwei Meter zu tragen. Nein, es ist auch eine Zumutung für Mieterinnen und Mieter, die in zwanzig Jahren ganz bewusst ein System nicht nur erlebt haben, sondern es auch gelebt haben, gelernt haben, Müll zu trennen – das ist gut für die Umwelt, das ist es wirklich – und dazu beitragen, Umwelt schutz in der Stadt zu verbessern. Und was erleben sie? – Dass diese Altglastonnen einfach abgezogen wurden. Ich muss sagen, da geht es nicht nur um den Komfortverlust für die Bürgerinnen und Bürger, es geht eben auch darum, dass hier bewährte Sammelstrukturen, eine bewährte getrennte Wertstoffsammlung in der Stadt einfach eiskalt aufgegeben wurde, und das völlig überstürzt, völlig kopflos.

Ich kann eines schon mal vorwegschicken: Die SPD-Fraktion lehnt es nicht nur ab, wir treten ganz klar dafür ein: Diese Altglassammlung bei den Haus-und Hoftonnen, vor den Häusern, muss wieder eingeführt werden.

Wir wollen das bewährte System in ganz Berlin zurückhaben.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD und der LINKEN]

Ich freue mich über den Applaus auch von der Linksfraktion. – Vielen Dank!

Denn man muss eines sehen: Das Duale System Deutschland hat hier als private Gesellschaft den Hut auf dafür, wie die Altglassammlung in der Stadt organisiert wird.

Und wir müssen sehen, dass die Mieterinnen und Mieter hier doppelt bezahlen. Die Altglassammlung ist schon einmal bezahlt worden, an der Ladentheke, mit dem Grünen Punkt auf den Produkten. Dadurch, dass die Leute die Glasflasche – Sie haben das Bild hochgehalten, liebe Kollegin – da hinstellen, wo bisher der Glascontainer war, entsteht natürlich Vermüllung. Wenn in die anderen Tonnen das Glas hineinkommt, produziert das mehr Aufwand, mehr Kosten für die Mieterinnen und Mieter, die nachher über die Betriebskosten umgelegt werden. Da werden die Mieterinnen und Mieter ein weiteres Mal bezahlen. Das lassen wir uns nicht bieten – sage ich ganz eindeutig!

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Vizepräsidentin Anja Schillhaneck: Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage, dieses Mal des Kollegen Zillich?

Daniel Buchholz (SPD): Gern, wenn Sie wieder die Zeit anhalten!

Vizepräsidentin Anja Schillhaneck: Bitte, Herr Zillich!

Steffen Zillich (LINKE): Verehrter Herr Kollege Buchholz! Angesichts Ihrer demonstrativen Entschlossenheit, die Sie hier zur Schau stellen, möchte ich Ihnen die Frage stellen – da man keine Gelegenheit ungenutzt verstreichen lassen sollte –, ob Sie bereit sind, diesem Antrag zuzustimmen. Dann können wir vielleicht gleich den Senat beauftragen.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Daniel Buchholz (SPD): Ich weiß nicht warum, aber die Frage hatte ich erwartet. Ganz kurz: Wenn Sie Ihren eigenen Antrag lesen – und ich glaube, selbst Frau Platta wird den Satz unterschreiben: Er greift leider etwas zu kurz!

[Lachen bei der LINKEN]

Das, was Sie in der BVV Lichtenberg als relativ schnellen Beschluss völlig richtig durchgebracht haben, reicht für eine Parlamentsdebatte und vor allem für einen berlinweiten Antrag schlichtweg nicht aus. Glauben Sie mir: Wir sind in der Sache wirklich sehr nah beieinander.

[Dr.Wolfgang Albers (LINKE): Sagen Sie mal Genaues! Wir kämen Ihnen da entgegen!]

Und ich hoffe auch, dass alle Fraktionen sich entsprechend äußern werden.

Lassen Sie mich ganz kurz ausführen, warum wir sagen, wir wollen das System zurückhaben. Das Duale System wagt es tatsächlich, so etwas zu definieren, wie Schutzzonen um Altglasiglus. Das muss man sich mal überlegen. Sammelcontainer müssen davor geschützt werden, dass die Leute eben nicht direkt vor ihrer Haustür das Altglas einwerfen, sondern zum nächsten Altglasiglu tapern müssen – 300 Meter. Wir haben aber auch aus der Praxis erfahren, auch die Kollegin Haußdörfer müsste einen Kilometer laufen. Das ist nicht nur mit einem kleinen Kind eine Zumutung. Es ist vor allem auch eines, was das Duale System völlig missachtet – es will hier in Berlin einen Flickenteppich: Die Hausbewohner der Hausnummer 35 müssen irgendwo zum Altglasiglu hinlaufen, Nummer 36,37 hat wieder eine Tonne vor der Tür. Wer soll das irgendjemanden erklären. Es ist nicht erklärbar.

Und wir haben vor allem eines in der dreistündigen Anhörung, die übrigens die Koalitionsfraktionen SPD und CDU beantragt hatten, von dem Gutachter Oetjen-Dehne gestern gelernt, dass die Glasqualität, die jetzt als großes Argument gebracht wird – dass die Sammelqualität so schlecht sei: Das entsteht gar nicht dadurch, dass man ein Hol- oder Bringsystem hat. Nein, es geht danach, ob die Glastonne vor meiner Haustür verschließbar ist oder nicht. Wie groß ist die Öffnung? Wie viele Umladevorgänge passieren mit dem Glas? Wenn es nachher fein pulverisiert ist, kann ich damit nichts mehr vernünftig anfangen.

Wir sagen ganz klar, auch die Bezirke haben recht. Auch mehr als ein Bezirk hat bisher von diesen neuen Iglustandorten keinen ausgewiesen. Und das ist nachvollziehbar, denn Straßenland ist nicht beliebig vermehrbar. Da hat sich das Duale System auch mächtig in den Finger geschnitten.

Wir als SPD-Fraktion sagen drei klare Kriterien: Wir wollen das bisherige Holsystem mit den Haus- und Hoftonnen erhalten. Wir wollen es optimieren, denn das ist notwendig. Erstens: Die Tonnen vor Ort verschließbar machen, kleine Glasöffnungen, damit kein Unrat reinkommt. Zweitens: Diese Tonnen sind auch regelmäßig zu leeren, denn wenn die Glastonne fürs Grüne voll ist, passiert es auch, dass Leute etwas in die für Weißglas dazuschmeißen. Wenn die regelmäßig geleert werden, passiert das nicht. Der nächste Punkt: Reduzierung des Scherbenbruchs, d. h. beim Einladen und Umladen, beim Einsammeln dieser Altglastonnen muss damit natürlich relativ schonend umgegangen werden. Das geht auch. Man darf nämlich dann nur einladen und nicht verpressen. Auch das ist möglich und keine Hexerei. Schließlich brauchen wir eine neue und bessere Öffentlichkeitskampagne hier in der Stadt. Sie sehen, gestern aus der Anhörung war das Ergebnis ganz eindeutig.

Vizepräsidentin Anja Schillhaneck: Sie müssten bitte zum Schluss kommen!

Daniel Buchholz (SPD): Ja, letzter Satz!  – Es gibt keine Entschuldigung dafür, was das Duale System hier zunächst diesen drei Ostbezirken und demnächst übrigens auch drei Westberliner Bezirken und der ganzen Stadt überhelfen will. Das ist eine Bedrohung für die Stadt. Das ist schlecht für das Klima.

Vizepräsidentin Anja Schillhaneck: Sie müssen bitte zum Schluss kommen, wirklich!

Daniel Buchholz (SPD): Es ist schlecht für die Mieterinnen und Mieter. – Ich sehe da noch eine Frage. – Gut, dann nicht mehr. Deswegen sagen wir: Wir werden das in der Form nicht zulassen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Vizepräsidentin Anja Schillhaneck: Vielen Dank! – Es hat jetzt das Wort für eine Kurzintervention die Frau Abgeordnete Platta.

Marion Platta (LINKE): Noch mal zur Geschichte des Antrags: Zu dem Zeitpunkt, als wir den Antrag formuliert und gestellt haben, wussten wir bereits aus drei Bezirken, dass es diese Probleme gibt, aber uns war auch schon bekannt, dass nachfolgende Überlegungen zu anderen Bezirken am Laufen waren. Unser Antrag ist also in der Hinsicht schon korrekt gefasst, denn alle anderen Informationen kamen erst kurz vor Weihnachten, und unser Antrag datiert vom 11. Dezember 2013. Es trifft zu, dass wir inzwischen einen besseren Kenntnisstand haben, und ich meine, dass wir uns unbedingt um die Qualität der Depotstandorte kümmern müssen.

Wir haben jetzt schon von sehr guten Erfahrungen der Genossenschaft Neues Berlin mit ihrem Unterflursystem gehört. Ich denke, dass es im öffentlichen Raum sehr wohl möglich sein wird, mit diesem System zu arbeiten – und nicht mit diesen oberirdischen Standorten, die wir dann möglicherweise alle 500 Meter haben sollen. Über dieses Thema müssen wir dann noch mal reden. Hier erwarte ich auch die Zuarbeit der Koalition, sodass wir nicht nur über das Holsystem, sondern auch über das Bringsystem reden und gemeinsam mit den Bezirken einen Maßstab für dieses System setzen.

[Beifall bei der LINKEN]

Vizepräsidentin Anja Schillhaneck: Möchten Sie replizieren? – Bitte, Herr Buchholz!

Daniel Buchholz (SPD): Verehrte Kollegin Platta! Wir sind uns also schon mal in dem Punkt einig, dass Sie zu Ihrem Antrag heute – mit dem Datum, das wir heute darauf schreiben wollten – selbst sagen: Den müssen wir überarbeiten. – Darin sind wir uns schon mal einig. Eben kam ja aus der Linksfraktion: Warum können wir den nicht sofort beschließen? – Sie haben eben selbst gesagt, dass er im Lichte dessen, was wir gestern bei der Anhörung gelernt haben, zu überarbeiten ist.

Zweiter Punkt: Sie haben völlig recht, dass das, was wir gestern vorgestellt bekommen haben – dieses System, das die Wohnungsbaugenossenschaft Neues Berlin gebaut hat – , eine tolle Sache ist. Ich will mal übersetzen, was Unterflursystem heißt. Das heißt auf gut Deutsch: Der Müllsammelplatz vor dem Haus wird einfach unter die Erde verlagert.

[Alexander Morlang (PIRATEN):  Fracking!]

– Nein! Es ist wirklich so. Man hat oben nur noch kleine Einfüllstutzen. Die sind klein und dezent, und man kann sie schön gestalten, während der große Abfallbehälter unter der Erde ist und mit einem großen Gerät –

[Alexander Morlang (PIRATEN): Wie in Amsterdam!]

– Das gibt es in vielen anderen Städten und Ländern auch. In Spanien können Sie auf die Inseln fliegen, und dort können Sie das auch alles bewundern. Das machen die hier in der Stadt, und das ist sehr lobenswert. Sie haben völlig recht: Das wird glücklicherweise auch respektiert.

Das wäre eine Alternative für alle, aber dann müssten wir auch mit allen Hauseigentümern reden, wo sie den Platz für einen solchen Standort haben. Und Sie haben auch gehört, dass dazu erhebliche Investitionen notwendig sind. Das muss dann natürlich mit bedacht werden. Wir sind zu diesen Gesprächen bereit. Wir haben bisher von Ihnen noch kein Gesprächsangebot dazu bekommen. Dafür ist aber auch eine Ausschussberatung da. Wir haben gestern erst die dreistündige Anhörung gehabt, und Sie haben selbst gesagt, dass Sie dort auch eine Menge gelernt haben.

Ich kann nur wiederholen: Für uns, für die SPD-Fraktion – und ich kann da, glaube ich, auch für die CDU-Fraktion mit sprechen –, ist das einfach nicht hinnehmbar – so, wie es hier gelaufen ist. Sie haben recht, dass das, was die Abstimmung und die Abstimmungsvereinbarung angeht, offensichtlich suboptimal gelaufen ist. Man muss aber auch eines sehen: Man kann sich lange daran arbeiten, zu behaupten, die Verwaltung hätte dort irgendetwas versemmelt. Wären Sie die Staatssekretärin, Frau Platta, hätten Sie auch vor dem Problem gestanden, dass Ihnen das Duale System die Pistole auf die Brust setzt und sagt: Wissen Sie, liebe Frau Staatssekretärin Platta, wir wollen am liebsten diese ganze Haus- und Hofsammlung komplett einstellen!

Da wird zwar mit Qualität argumentiert, aber es geht dem Dualen System in erster Linie um eine Kostensenkung. Das haben wir auch gestern gelernt. Und dann versuchen Sie einmal, all das abzuwehren. Wenn Sie sagen: Wir machen das, okay, aber dann wenigstens nur für drei Bezirke im ersten Schritt – da, wo schon die meisten Iglus sind –, dann ist das immerhin teilabgewehrt. Und Sie deklarieren es auch als Pilotprojekt und als nichts Endgültiges. Das ist schon ein erheblicher Fortschritt, wenn der andere Ihnen sagt – und das ist das Problem –: Leute, wir verklagen euch morgen! – Dann ist das nicht so ganz einfach im Ablauf. Ich vermute, dass Frau Gebel auch gleich auf diesen Ablauf eingehen wird.

Ich glaube, wenn man sich die Protokolle anschaut und sieht, was wir fachlich dort gestern gelernt haben, was den Arbeitskreis Qualitätsverbesserung bei der Glassammlung, bei der Verwertung, bei der Verwertung angeht, dann haben wir dort genug Punkte. Die sollten wir auch in den Antrag hineinschreiben. Dann wird ein richtiger Schuh daraus, und dann können wir den Antrag auch gern gemeinsam hier beschließen. –Vielen Dank!

[Beifall von Sven Kohlmeier (SPD) und Dr. Clara West (SPD) – Michael Schäfer (GRÜNE): Zwei klatschen für Buchholz! „Klatschen“ großgeschrieben – das für das Protokoll!]

Vizepräsidentin Anja Schillhaneck: Vielen Dank, Herr Buchholz! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt das Wort die Frau Abgeordnete Gebel. – Bitte sehr!

(Video folgt)