Öffentliche Toiletten: Zu viel Lärm um stille Orte

Warum es richtig ist, dass der Senat die öffentlichen Toiletten neu vergeben und modernisieren will?! Sie gehören seit 1994 zum Berliner Straßenbild: Die 172 City-Toiletten, die vor allem auch durch ihre Werbeflächen auffallen und einst der neueste technische Schrei waren. Schon der vorige Senat mit Beteiligung von SPD und CDU hatte beschlossen, die öffentlichen Toiletten neu zu vergeben. Allerdings will die CDU nichts mehr davon wissen und alles beim Alten lassen. Und zwar wider besseres Wissen.

Eine Legende sitzt noch immer in vielen Köpfen: Die vom kreativen mittelständischen Berliner Unternehmer Hans Wall, der sich fast schon uneigennützig um die „Stadtmöblierung“ kümmert und moderne WCs an die Stelle versiffter „Bedürfnisanstalten“ gesetzt hat. 1994 machte der Diepgen-Senat mit ihm einen Deal: Wall installiert auf eigene Rechnung die Toiletten und darf sie nach Belieben als Werbeflächen benutzen. Inzwischen aber gehört Wall außer ein paar Prozent Anteil die Firma gar nicht mehr, sondern einem französischen Konzern. Und der will nicht offen legen, was er aufwendet und einnimmt.

Zu wettbewerbsrechtlichen Bedenken kommt, dass die City-Toiletten in die Jahre gekommen sind. Bei einer Stichprobe war rund jede zehnte gerade nicht benutzbar. Hinzu kommt eine extrem unterschiedliche Auslastung, was nahelegt, noch einmal über die richtigen Standorte nachzudenken. Der SPD-Stadtentwicklungsexperte Daniel Buchholz sagt: „Es geht um eine Verbesserung bei der Versorgung mit öffentlichen Toiletten. Die ungleiche Verteilung in den Bezirken bildet den Bedarf nicht ab. Es muss einen erheblichen Zuwachs mit über 100 neuen Standorten geben, folgt man dem Bedarf, den Bezirke und Sozialverbände benannt haben.“ Außerdem sei, so Buchholz, die Koppelung mit Werbegeschäften laut Kartellamt nicht rechtens.

Noch bis Ende 2018 läuft der Vertrag mit der Wall AG, die selber kein Interesse mehr hat, wenn die intransparenten Werbegeschäfte wegfallen. Mit ihren Werbeflächen an den Straßen und in den U-Bahnhöfen macht sie genügend Geschäfte. Im November 2017 wurde der Toiletten-Vertrag europaweit neu ausgeschrieben. Wenn Anfang 2018 die Vergabe erfolgt, können auch 2019 alle und noch mehr öffentliche Toiletten zur Verfügung stehen. Die Panikmache der CDU, wonach die Bürger sich erst einmal in Dixi-Klos zwängen müssten, ist Unsinn. Erst einmal gibt es die Option, dass der Senat die Wall-Toiletten kauft. Bisher gehen allerdings die Vorstellungen über den Kaufpreis noch auseinander. Und selbst wenn es zwischen Abbau der alten und Errichtung neuer Klos ein paar Tage Lücke gibt, stehen bessere mobile Lösungen zur Verfügung als Dixi-Klos.

Auf eines hat sich der Senat festgelegt: Die Benutzung wird auch künftig nur 50 Cent kosten und für Behinderte gratis sein – sie erhalten einen speziellen Schlüssel. Den Senat kostet der Betrieb erst einmal einige Millionen Euro im Jahr, aber die künftigen Betreiber führen Einnahmen ab und die Werbeflächen werden getrennt vergeben – auch diese Einnahmen wandern in die Staatskasse. Und ob neu zu errichtende oder zu modernisierende City-Toiletten: Es gibt mittlerweile modernere technische Lösungen, die menschenfreundlich und ökologisch im Sinne der Daseinsvorsorge sind.

Ulrich Rosenbaum