Stoppt Berlin die kriminellen Clans?

Sie sind Teil der organisierten Kriminalität. Spektakuläre Überfälle, Drogenhandel, Prostitution, Mord: Kriminelle Clans mit teilweise mehreren hundert Mitgliedern bedrohen ganze Kieze. Der Spandauer SPD-Abgeordnete Daniel Buchholz hatte am Donnerstag 10. Januar 2019 zu einer spannenden Diskussion eingeladen. Die Sicherheitsexperten Tom Schreiber MdA (SPD) und Thomas Spaniel von der GdP beleuchteten Hintergründe und diskutierten mit den Interessierten im gut besuchten Bürgerbüro.

Daniel Buchholz: „Gerade in den letzten Wochen und Monaten ist die Bekämpfung der organisierten Kriminalität vermehrt in das Licht der Öffentlichkeit gerückt. Neue Gesetze ermöglichen eine effektivere Verfolgung von Straftaten, gerade im Bereich der Clan-Kriminalität. So können dank der Umkehr der Beweislast Immobilien und Vermögen kriminellen Ursprungs einfacher beschlagnahmt werden.

Auf der Berliner Ebene werden zusätzliche Anstrengungen unternommen, indem Polizei, Justiz und Politik enger zusammenarbeiten. Erst im November 2018 hat Innensenator Andreas Geisel (SPD) einen ‚Clan-Gipfel‘ mit allen relevanten Akteuren veranstaltet, bei dem ein Fünf-Punkte-Plan zur Verfolgung von kriminellen Clans aufgestellt wurde. Die entscheidende Frage bleibt: Stoppt Berlin kriminelle Clans?“

Ein Abend mit vielen spannenden Informationen

Im gut besuchten Bürgerbüro wurde am 10.1.2019 das Phänomen der Clan-Kriminalität von Tom Schreiber und Thomas Spaniel zuerst umfassend erklärt, um dann darzulegen, was Berlin gegen die Clans unternimmt. Die organisierte Kriminalität und damit auch die Clans sind dabei auf allen gesellschaftlichen Ebenen, in allen Berliner Bezirken und auch im gesamten Bundesgebiet aktiv. Mit dieser Aussage räumte Tom Schreiber gleich zu Beginn mit dem Klischee auf, dass sich diese Probleme nur auf bestimmte „verrufene“ Kieze in Neukölln oder Wedding beschränken.

Der sichtbare und teilweise legale Teil der Aktivitäten stellt dabei nur die Spitze des Eisbergs dar. Problematisch ist nicht nur, dass sich die Clan-Strukturen nur schwer von der Polizei durchdringen lassen, weil sie im wahrsten Sinne des Wortes nach außen „dicht halten“, sondern auch der in den Sparzwängen der Vergangenheit  begründete Personalmangel bei Berliner Polizei und Justiz. Thomas Spaniel betonte, dass gerade im Kampf gegen das Organisierte Verbrechen besonders viel Personal gebraucht wird, da die Ermittlungen langwierig und schwierig sind.

Auch hat sich innerhalb und zwischen den verschiedenen Clans eine Paralleljustiz etabliert, die Probleme mit Hilfe von Friedensrichtern und außerhalb des Rahmens des Rechtsstaats regelt. Wenn es der Justiz dennoch gelingt, Klage gegen Mitglieder Krimineller Clans zu erheben (immerhin gab es 2017 über 500 Verfahren im Bereich der Organisierten Kriminalität in Deutschland), versuchen diese oft, ihrer Strafe zu entgehen. So gesteht zum Beispiel das jüngste Mitglied einer Gruppe die Tat, um nach Jugendstrafrecht verurteilt zu werden. Unabhängig davon ob es tatsächlich verantwortlich war. Das System der Clans entschädigt Mitglieder mit hohen Geldbeträgen für Haftstrafen und setzt seinen Einfluss auch innerhalb der Gefängnisse ein.

Doch Berlin und andere Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen gehen seit einiger Zeit wesentlich entschlossener als in der Vergangenheit gegen die Strukturen der Kriminellen Clans vor. Wie Tom Schreiber betonte, besitzt der Rechtsstaat viele Möglichkeiten, um die Organisierte Kriminalität erfolgreich zu bekämpfen. Jetzt gehe es darum, diese auch konsequent einzusetzen. So wendet Berlin das Mittel der Vermögensabschöpfung im zunehmenden Maße an und der Justizsenator hat eine eigene Sonderabteilung mit mehreren Staatsanwälten gebildet.

77 Immobilien eines Clans beschlagnahmt

Öffentlich sichtbar wurde das im letzten Jahr, als 77 Immobilien eines bekannten Clans von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt wurden. Thomas Spaniel von der Gewerkschaft der Polizei lobte ausdrücklich den von Innensenator Andreas Geisel (SPD)  vorgestellten Fünf-Punkte-Plan. Der Plan sieht unter anderem vor, auch kleine Regelverstöße und Straftaten (Falschparken etc.) konsequent zu ahnden, Vermögen einzuziehen und endlich ressort-und bezirksübergreifend mit allen beteiligten Ämtern und Behörden koordiniert gegen die Clan-Kriminalität vorzugehen.

Tom Schreiber wies daraufhin, dass nur eine mittel- bis langfristige Strategie, die den Rechtsstaat auf allen Ebenen stärkt, den Kriminellen Clans Einhalt gebieten kann. Dazu muss neben Investitionen in die Personalausstattung von Polizei und Justiz z.B. auch in der Jugendsozialarbeit angesetzt werden, um kriminelle Karrieren gar nicht erst entstehen zu lassen. Aus dem Bezirk Neukölln gibt es dazu bereits einige Vorschläge.

Der Abend endete dann auch mit dem positiven Fazit, dass der Kampf gegen die Kriminellen Clans zu gewinnen ist, da Gesellschaft, Politik und Strafverfolgung dasselbe Ziel verfolgen und Justiz und Polizei unermüdlich für den Rechtsstaat arbeiten.