Hunde im Tierheim Berlin

Alternativen zu Tierversuchen

Am 16.10.2014 hat das Berliner Abgeordnetenhaus einstimmig einen Parlamentsantrag der Fraktionen SPD und CDU beschlossen. Unter der Überschrift „Berlin zur Forschungshauptstadt für Alternativmethoden zu Tierversuchen machen“ wird der Senat zur Förderung von Forschungsmethoden aufgefordert, die die Belastungen für die eingesetzten Versuchstiere gegenüber bisherigen Ansätzen deutlich reduzieren, den Einsatz von Versuchstieren reduzieren bzw. ohne Tierversuche auskommen (Ersatz- und Ergänzungsmethoden).

Für die SPD-Fraktion hat ihr Sprecher für Tierschutz Daniel Buchholz den Antrag im Plenum des Berliner Abgeordnetenhauses vorgestellt und begründet. Sie finden hier einen Auszug der Rede (weiter unten auch als Video).

„…Berlin zur Forschungshauptstadt für Alternativmethoden bei Tierversuchen machen. Wir wollen damit als Koalitionsfraktionen aufzeigen, dass uns zwei Dinge parallel wichtig sind. Das Land Berlin ist ein Wissenschafts- und Forschungsstandort erster Güte. Und es ist gut, dass wir das sind, wir wollen diesen Status behalten. Genauso wollen wir aber daran arbeiten, dass das, was im letzten Jahr schon mit einem leichten Rückgang möglich geworden ist, dass die Zahl der Tierversuche reduziert wird, wo immer dieses möglich ist.

Wir wollen dafür an drei Stellen ansetzen und fordern den Senat auf, dort verstärkt aktiv zu werden. Zunächst einmal sind gegenüber bisherigen Ansätzen die Belastungen und damit die Leiden für die einzelnen Versuchstiere, wo immer möglich, deutlich zu reduzieren. Zweitens: Wir wollen den Einsatz von Versuchstieren insgesamt, also die Anzahl, reduzieren. Und wir wollen drittens, wo immer es möglich ist, ohne Tierversuche auskommen, also echte Ersatz- und Ergänzungsmethoden voranbringen.

Da fragen Sie sich vielleicht: Wie kann man das erreichen? Wir haben dazu schon viele Gespräche geführt, der Kollege Herrmann und ich, nicht nur auf Fachveranstaltungen, sondern auch mit dem Senator und mit der Staatssekretärin Frau Toepfer-Kataw.

Wir sind uns absolut darüber einig: Wir können noch etwas nachlegen, aber wir bauen auf einer sehr großen Grundlage auf; denn wir haben in Berlin mit der Freien Universität und mit anderen Universitäten einen Forschungsverbund, der sich mit Alternativen zu Tierversuchen beschäftigt, und dieser ist verbunden mit einem integrierten Graduiertenkolleg. Wir haben gleichzeitig einen Expertenpool, wir haben gleichzeitig Professoren und Juniorprofessoren, die wir unterstützen, die wir nicht nur noch verstärken wollen – das Land Berlin unterstützt jetzt eine eigene Professur des letztjährigen Empfängers des alternativen Tierversuchspreises –, sondern wir wollen auch den Studierenden im Studium frühzeitiger und intensiver als bisher aufzeigen, dass es darum geht, dass man nicht alles mit Tierversuchen machen muss.

Wir wissen, wir können heute nicht vollständig darauf verzichten. Wer das verspricht – das haben auch Anhörungen hier im Parlament gezeigt – verspricht zu viel. Aber es gibt Alternativen, die wir voranbringen wollen.

Das können und wollen wir mit diesem Antrag. Nachdem der ausgelobte Landespreis für alternative Forschungsmethoden lange nur durch den Tierschutzverein und die Pharmaindustrie unterstützt wurde, ist uns in dem Antrag auch noch wichtig – das ist der zweite Punkt von SPD und CDU –, dass er nun endlich auch vom Land Berlin zu unterstützen ist. Wir halten es für überfällig, dass wir als Land Berlin zeigen: Uns sind die Alternativen zu den bisherigen Tierversuchen mindestens genauso wichtig wie die Ergebnisse von wissenschafts- und forschungspolitischen Erkenntnissen und Kolloquien.

Ich darf noch ganz kurz auf den Änderungsantrag der Grünen-Fraktion eingehen – Kollegin Hämmerling sitzt schon bereit. Ihre Forderung dort ist, glaube ich, nur eine sehr leichte Abwandlung von dem, was Sie schon einmal im Parlament beantragt haben. Damals sagten Sie, Sie wollen gerne 5
Euro pro verbrauchtem – ich benutze mal diese Formulierung – Versuchstier. Da haben wir, glaube
ich, gemeinsam feststellen müssen, dass das rechtlich schlichtweg nicht möglich ist.

Jetzt haben Sie einen Antrag, der lautet, für diese Alternativen sollen künftig 5 Prozent der für die Tierversuchsforschung bewilligten Mittel bereitgestellt werden. Wenn das vom Land bewilligte Mittel wären, könnte man vielleicht noch darüberreden, aber man bewilligt auch Forschungs- und Untersuchungsvorhaben bei privaten Institutionen, bei Forschungseinrichtungen, bei Pharmainstitutionen.

Sie können ihnen ihre Forschungen nicht verbieten – das können und wollen wir nicht; das geht als Landesgesetzgeber nicht –, aber da ist auch die Frage, wie Sie dort 5 Prozent
der Mittel abziehen wollen. Das wäre juristisch eine äußerst schwierige Debatte, und da glauben wir, dass wir dem heute nicht zustimmen können.

Wir setzen darauf, dass die Reduzierung von Tierversuchen – diese drei R: replace, reduce, refine –, wo immer möglich, angegangen wird. Das sind dann Dinge wie künstliche Haut. Das sind auch Dinge wie Chips, wo man heute versucht, menschliche Prozesse nachzubilden. Das funktioniert, und das
funktioniert immer besser. Wir wollen das verstärken, und wir bitten dafür um Ihre Unterstützung und gleich bei der Abstimmung um Ihre Stimme. Vielen Dank!“

Der Antrag von SPD und CDU wurde mit den Stimmen der Abgeordneten von SPD, CDU und Piraten am 16.10.2014 ohne Gegenstimmen (und damit „einstimmig“) beschlossen. Die Abgeordneten der Grünen und der Linken enthielten sich.

Den Text des Antrags finden Sie hier zum Download.

Die Parlamentsrede von Daniel Buchholz als Video: